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Pressebericht zur "Johannespassion" mit dem Kammerchor

Johannespassion_Schlosskirche Bayreuth
Datum:
3. Apr. 2024

Eindrucksvoll, emotional und bestens einstudiert / Bachs Johannespassion in der Schlosskirche

Bayreuth. Fast auf den Tag genau, am 7. April vor 300 Jahren wurde die Johannespassion von Johann Sebastian Bach in der Leipziger Nikolaikirche uraufgeführt. Regionalkantor Sebastian Ruf hat den Jahrestag zum Anlass genommen, zusammen mit dem Kammerchor der Bayreuther Schlosskirche, dem Barockorchester „La Banda“ und einer Reihe namhafter Solisten, das Werk am Samstagabend in der Schlosskirche und am Sonntagnachmittag im Bamberger Dom aufzuführen.

Der erst vor knapp zwei Jahren gegründete Kammerchor hatte bereits in seinen ersten Konzerten durch Homogenität, saubere Intonation und gut ausgebildete Stimmen für Furore gesorgt. So stellte das Ensemble auch bei der Johannespassion seine Qualitäten diszipliniert und trotzdem voller Leidenschaft wieder eindrucksvoll unter Beweis. Präzise, sprachlich gut ausgearbeitet und bestens einstudiert ist das alles. Eindrucksvolle Klänge ohne jegliche falsche Sentimentalitäten sind es, die da ertönen, wie etwa der herrische Gestus des großen Eingangschores „Herr unser Herrscher“ oder der apotheotische Schlusschoral „Ach Herr, lass dein lieb Engelein“. Überhaupt bietet das Johannes-Evangelium wenig Ruhepunkte, dafür ist es unmittelbarer und dramatisch belebter durch die vielen zügig vorgetragenen Choräle. Der Chorklang ist wunderbar geschmeidig und feingliedrig.

Das Augsburger Barockorchester „La Banda“ interpretierte die Passion unter der Stabführung von Sebastian Ruf auf historischen Instrumenten weniger als Leidensmeditation und mehr als Handlungsdrama mit vielen scharfen Akzentsetzungen, aber stets zügig und schnörkellos. Sebastian Ruf liebt die schnellen Tempi und lässt auch zwischen den Nummern wenig Zeit zum Durchatmen. Auch mit kleinerer Besetzung lässt sich ein großes Werk adäquat gestalten. Alles in allem bleibt der Eindruck einer authentisch wirkenden Glaubwürdigkeit. Hoch emotional wurden die Glaubensinhalte vermittelt, wobei die theologisch-musikalische Aussage stets im Vordergrund stand.

Unter den Solisten ragt besonders der italienisch-amerikanische Tenor Eric Price hervor. Ihm fehlt es weder an Durchschlagskraft noch an Höhe, er singt klar in der Artikulation und flexibel in der Intonation. Der Tenor ist in dieser Aufführung, ganz wie von Bach beabsichtigt, für den dramatisch vorwärtsdrängenden Impuls verantwortlich, eine Rolle, die Eric Price hervorragend ausfüllt. Schlank und unprätentiös, emotional und trotzdem kontrolliert führt der aus Hof stammende Michael Wolfrum die Basspartien ruhig und mit großem Volumen in der Tiefe.

Mit der richtigen Dosis an Pathos, nicht zu viel und nicht zu wenig, setzt Oliver Pürckhauer die Partie des Jesus exzellent und packend um. Weniger beschäftigt sind in der Johannespassion die Damen. Spielerisch leicht, frisch, unmittelbar und stets präsent interpretierte die Berliner Sopranistin Frieda Jolande Barck ihren Part. Intensiv im Ausdruck und emotionsgeladen ist die Bayreutherin Nathalie Flessa in der Alt-Partie zu erleben. Makellos erklingt etwa ihre so eindrucksvolle Arie „Es ist vollbracht“. Alles in Allem bilden die Solisten einen Glücksfall an barocker Gesangskultur.

Die Texte der Arien und Choräle hatte Johann Sebastian Bach selbst aus dem Bericht des Evangelisten Johannes und freien Versen aus der oft vertonten Passionsdichtung von Barthold Heinrich Brockes zusammengestellt. Die Bayreuther Aufführung war ein prima Beispiel dafür, wie man zu Bachs Zeiten Glaubensinhalte spannend und ernsthaft zu vermitteln wusste und wie sie nichts an Aktualität verloren haben. Im Gegenteil: Auch 300 Jahre nach seiner Uraufführung schafft es das Werk noch immer, die Zuhörer vom ersten Ton an zu fesseln.

Stephan Herbert Fuchs

 

© Mit freundlicher Genehmigung des Autors Stephan Herbert Fuchs