Kammerchor begeistert mit seinem Herbstkonzert
Jubilate Deo
Unter dem Titel „Jubilate Deo“ präsentierte der Kammerchor unter seinem Leiter Sebastian Ruf am Sonntagnachmittag in der Schlosskirche ein anspruchsvolles a-cappella-Konzert, das bekannte und weniger bekannte „Perlen aus der Schatzkiste europäischer Chormusik“ zu Gehör brachte. Und man darf es vorwegnehmen: Die rund 250 Zuhörer wurden nicht enttäuscht. Der Kammerchor wurde einmal mehr seinem Ruf als exzellent musizierendes Ensemble, das in all seinen bisherigen Konzerten durch Homogenität und Klangschönheit bestach, gerecht.
Gleich zu Beginn setzten die Sängerinnen und Sänger mit Knut Nystedts Motette „I will praise thee, o Lord“ ein musikalisches Ausrufezeichen, das den den Titel des Konzerts noch einmal kraftvoll und hymnisch unterstrich.
Mit dem doppelchörigen „Miserere“ von Zoltán Kodály gelang dem Chor eine berührende Interpretation, die erkennen ließ, was Béla Bartók meinte, als er der Musik seines Freundes und Kollegen eine „kraftvoll dahinströmende Melodik und eine gewisse Neigung zur Melancholie“ bescheinigte.
Verdis „Pater noster“ zählt – außer seinem berühmten Requiem – zu den wenigen geistlichen Werken des italienischen Komponisten. Die fünfstimmige Motette wurde 1880 uraufgeführt und zeigt Verdis Kenntnis der klassischen Vokalpolyphonie, die er mit harmonischen Freiheiten des 19. Jahrhunderts anreicherte. Ein sehr italienisch anmutendes Vater unser, das man gern häufiger in Konzerten hören würde!
Mit professioneller Leichtigkeit und stimmlicher Eleganz gelang dem Ensemble der wunderschöne Satz aus Claude Debussys „Trois Chansons“ - „Dieu! Qu'il la fait bon regarder“. Es war eine Freude, dieses musikalische Kleinod wieder einmal hören zu dürfen!
Von einer ganz anderen Seite präsentierte sich der Kammerchor mit Kodálys „Jesus und die Krämer“, einem der großartigsten Chorwerke des ungarischen Komponisten. Der Motette liegt die Textstelle Kap.2, Vers13 aus dem Johannesevangelium zugrunde, in der die Vertreibung der Händler aus dem Tempel geschildert wird. Meisterhaft und mitreißend interpretiert, wird den Zuhörern geradezu bildhaft die Dramatik der Szene im Jerusalemer Tempel vor Augen geführt: die umherkullernden Münzen der Geldwechsler oder die Anklage, dass im Haus des Gebetes ein gottloses Geschäft um sich gegriffen hat.
Nicht auf alle Werke dieses außergewöhnlichen Konzertprogramms soll hier eingegangen werden, aber die beiden letzten verdienen es, besonders hervorgehoben zu werden: Zunächst Anton Bruckners „Os justi“, ein Graduale für achtstimmigen gemischten Chor a cappella, das Bruckner 1879 für den Chordirektor des österreichischen Augustinerstifts St. Florian komponierte. Diese Motette bildet einen Höhepunkt in Bruckners a-cappella-Musik und zählt zu den gehaltvollsten unbegleiteten Chorsätzen des 19. Jahrhunderts. Dem Kammerchor gelang eine zutiefst beeindruckende Gestaltung dieser wunderbaren Musik, vor allem den jubilierenden Sopranistinnen. Einzig das vom Komponisten hinzugefügte unisono - „Alleluia“, das gregorianisch anmutet, empfinden manche Zuhörer als unpassend. Man merkt heute noch, dass dieses „Alleluia“ einen musikalischen Kompromiss darstellte, damit Bruckners Auftraggeber, der damalige Chordirektor von St. Florian, die Komposition annahm und aufführte.
Den Abschluss des Konzerts bildete Felix Mendelssohn-Bartholdys Vertonung des Psalms 91, die Verse des Vertrauens: „Denn er hat seinen Engeln befohlen über dir“. Mendelssohn komponierte diese achtstimmige Motette nach einem schockierenden Ereignis und baute sie als tröstende Musik in sein Oratorium „Elias“ ein. Innig und zuiefst anrührend gesungen, ließ der Wunsch dieser zu Herzen gehenden Motette „...dass sie dich auf den Händen tragen... , dass sie dich behüten auf allen deinen Wegen“ die Zuhörer sekundenlang still dem letzten Akkord nachlauschen, bevor begeisterter Applaus die großartige Leistung des Kammerchors und seines Leiters Sebastian Ruf würdigte.
Ein Konzert, das die Zuhörer reich beschenkt in den Abend entließ.
Rosemarie Ertl